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Mattes:
Deutsche Automobilindustrie
baut bis 2022 mindestens
15.000 neue Ladepunkte

VDA-Präsident: Wir haben keine Zeit zu verlieren – Hochlauf der Elektromobilität braucht passende Infrastruktur – Masterplan zeigt gemeinsame Anstrengung von Politik, Industrie und Gewerkschaften – Abbau rechtlicher Hemmnisse notwendig – Umweltbonus wird erhöht

„Politik, Industrie und Gewerkschaften haben heute gemeinsam wesentliche Schritte zum erfolgreichen Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland vereinbart. Jetzt geht es um die konkrete Umsetzung, die rasch erfolgen muss. Die deutsche Automobilindustrie hat, gemeinsam mit der IG Metall, gegenüber der Bundesregierung betont, dass wir in der Erreichung der Klimaziele, der Bewältigung des Strukturwandels der Branche und der Sicherung der Beschäftigung in Deutschland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehen, die enger Abstimmung bedarf und nur erfolgreich gelöst werden kann, wenn alle Akteure systemisch, zielorientiert und geschlossen vorgehen. Dafür ist es wichtig, langfristig Planungssicherheit zu haben“, sagte Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), nach der 2. Sitzung der Konzertierten Aktion Mobilität, die am Montagabend im Bundeskanzleramt stattfand.

An der Sitzung mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, mehreren Bundesministern, Fraktionsvorsitzenden und Ministerpräsidenten nahmen auf Seiten der Automobilindustrie neben Mattes u. a. Oliver Zipse (BMW), Ola Källenius (Daimler), Dr. Herbert Diess (Volkswagen), Gunnar Herrmann (Ford-Werke), Michael Lohscheller (Opel), Dr. Jörg Stratmann (Mahle), Klaus Rosenfeld (Schaeffler), Wolf-Hennig-Scheider (ZF), Dr. Ariane Reinhart (Continental) und Dr. Stefan Hartung (Bosch) teil. Zudem waren die Konzernbetriebsrats-vorsitzenden der Unternehmen vertreten.

„Wir brauchen jetzt vor allem den schnellen Ausbau öffentlicher und nichtöffentlicher Ladeinfrastruktur, auch für E-Nutzfahrzeuge und den Schwerlastverkehr. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Je früher die im Masterplan beschriebenen Maßnahmen umgesetzt werden können, desto besser“, so Mattes. Alle seien sich einig, dass die heute vorhandenen gut 20.000 öffentliche Ladepunkte nicht reichten: „Notwendig bis 2030 sind 1 Mio. öffentliche Ladepunkte, zusätzlich 100.000 Schnellladepunkte und mehrere Mio. private Ladepunkte“, sagte der VDA-Präsident.

Das setze eine übergreifende Planung und energische Umsetzung voraus. Für die öffentliche Ladeinfrastruktur seien die Kommunen in einer zentralen Rolle, um den Ausbau mit der nötigen Ortskenntnis voranzutreiben. Die „Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur“, die das BMVI noch in diesem Jahr einrichten werde, müsse die erforderlichen Ressourcen und Kompetenzen bekommen, um die Planung voranzutreiben, die Akteure zu unterstützen und den Ausbau übergreifend zu koordinieren, so der VDA-Präsident. „Außerdem ist eine spürbare Förderung privater Ladeinfrastruktur zentral für den Hochlauf der Elektromobilität. Die geplante Finanzierung in Höhe von 50 Mio. Euro ist bei weitem nicht ausreichend. Sie muss deutlich erhöht und die Beschränkung auf geteilte private Ladeinfrastruktur aufgehoben werden“, unterstrich Mattes.

Die deutsche Automobilindustrie leiste bereits einen erheblichen Beitrag, indem sie massiv in den Ausbau der Ladeinfrastruktur an den eigenen Standorten investiere: „Bereits heute stellen Hersteller und Zulieferer weit über 5.000 Ladepunkte an ihren Standorten zur Verfügung – für Mitarbeiter und Kunden. Die Zahl der betrieblichen Ladepunkte wird weiter stark steigen, das Firmengelände ist ein hervorragender Ladeplatz. Gegenüber der Politik haben wir uns jetzt verpflichtet, bis Ende 2022 zusätzlich mindestens 15.000 Ladepunkte auf dem Betriebsgelände der Unternehmen der deutschen Automobilindustrie und dem angeschlossenen Handel zu errichten. Bis 2030 wird die Errichtung von 100.000 Ladepunkten angestrebt. Das sind enorme Investitionen, die unsere Mitgliedsunternehmen tätigen“, unterstrich Mattes. Auch die Öffentliche Hand sowie die Energiewirtschaft werden sich bei der Ladeinfrastruktur engagieren.

Überdies baue die Automobilindustrie mit dem Gemeinschaftsunternehmen Ionity sehr zügig ein Schnelladenetz entlang der Hauptverkehrsstrecken auf – bis Ende 2020 werden es rund 100 Ladestandorte in Deutschland sein, mehr als die Hälfte sei heute schon in Betrieb, erläuterte der VDA-Präsident.

Erforderlich sei auch der zügige Abbau der rechtlichen Hemmnisse für den Ausbau der öffentlichen und privaten Ladeinfrastruktur. Das gelte insbesondere für die notwendigen Anpassungen im Miet- und im WEG–Recht („Recht auf Laden“), die Beseitigung rechtlicher und administrativer Hürden, beschleunigte Genehmigungsverfahren, die Überarbeitung der Ladesäulenverordnung und die verpflichtende Ausstattung von Gebäuden und Parkplätzen mit Ladepunkten. „Die Kunden greifen dann zum Elektroauto, wenn sie sicher sein können, dass sie ihr Fahrzeug rasch, einfach und komfortabel laden können – in der Stadt und auf dem Land“, sagte Mattes. Hierzu sei die Automobilindustrie auch in enger Abstimmung mit der Energiewirtschaft.

Eine Einigung zwischen Politik und Industrie gab es am Montagabend bei Kaufanreizen für Elektroautos. Mattes: „Wir haben uns mit der Bundesregierung im Grundsatz darauf verständigt, dass der Umweltbonus bis Ende 2025 verlängert und zudem erhöht wird. Die Umsetzung soll noch in diesem Monat wirksam werden.“ Der Umweltbonus wird für E-Fahrzeuge (BEV und PHEV) bis 40.000 Euro Nettolistenpreis um 50 Prozent erhöht. Er steigt damit für BEV auf 6.000 Euro, bei PHEV auf 4.500 Euro. Für E-Fahrzeuge mit einem Nettolistenpreis von 40.000 bis 65.000 Euro steigt der Umweltbonus um 25 Prozent. Die Automobilindustrie wird sich – wie bisher – daran paritätisch beteiligen. Überdies wird geprüft, wie junge E-Gebrauchtwagen, die weder beim Ersterwerb noch als Firmenwagen des Ersterwerbers eine staatliche Förderung erhalten haben, bei der Zweitveräußerung eine Umweltprämie erhalten können.

Zudem müsse sichergestellt werden, dass in Zukunft vollständig und kostengünstig mit Grünstrom geladen werden könne. „Da ist noch viel zu tun“, sagte Mattes.

Auch über Digitalisierung, vernetztes und automatisiertes Fahren sowie über die Qualifizierungsanforderungen für die Beschäftigten im Transformationsprozess wurde auf dem Spitzengespräch im Bundeskanzleramt gesprochen. Mattes betonte: „Um unsere gute Position beim vernetzten und automatisierten Fahren auszubauen, müssen wir national schneller agieren, insbesondere bei Ausnahmegenehmigungen, um Felderfahrungen mit den Systemen sammeln zu können. Ein entscheidender Schritt ist der Aufbau eines Reallabors für ein Datenökosystem. Schließlich müssen Wirtschaft und Politik auch auf der internationalen Ebene an einem Strang ziehen.“

Im Hinblick auf die Qualifizierungsanforderungen der Zukunft sagte Mattes: „Die Mobilität der Zukunft bedeutet für Unternehmen und viele Arbeitnehmer tiefgreifende Veränderungen. Es ist die gemeinsame Verantwortung der Sozialpartner und des Staates, durch geeignete Maßnahmen Qualifizierung zu fördern und den Wandel gemeinsam zu gestalten, damit negative Arbeitsplatzeffekte vermieden werden können. Qualifizierung und Weiterbildung sind zur Bewältigung der Transformation von zentraler Bedeutung.“ Die Bundesregierung werde zudem prüfen, ob die Instrumente des Qualifizierungschancengesetzes und des Kurzarbeitergeldes nachgeschärft oder angepasst werden müssen.

Foto: vda

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