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KIT: Agiles Produktionssystem
für Elektromotoren

Foto: Schaeffler | An den Bauraum angepasster Elektromotor für vollelektrische Fahrzeuge

Vor dem Hintergrund von Klimawandel und Energiewende werden teil- und vollelektrische Fahrzeuge immer beliebter: In Deutschland stieg die Zahl der Neuzulassungen im Jahr 2019 auf mehr als 63.000, seit 2015 hat sie sich damit verdreifacht (Quelle: Statista). Elektromotoren in variabler Technologie und Stückzahl künftig wirtschaftlich in Deutschland produzieren zu können, ist Ziel des Projekts AgiloDrive am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Die Forscherinnen und Forscher entwickeln darin mit Wirtschaftspartnern neuartige Produktbaukästen und Produktionstechnologien, die dann direkt in die Industrie übertragen werden sollen. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg fördert die Pilotphase des Projekts nun mit rund einer Million Euro.

Heute werden Elektromotoren zumeist entweder in niedriger Stückzahl und mit geringer Produktivität gefertigt – dies geschieht dann in teilautomatisierten Werkstätten und beinhaltet einige manuelle Prozessschritte – oder aber in hochspezialisierten und sehr unflexiblen Transferstraßen. Zudem erarbeiten meist Expertenteams spezifische Einzelbereiche industrieller Entwicklungsprozesse von Elektromotoren – ein Transfer in andere Bereiche findet selten statt.

Ziel des Forschungsprojekt AgiloDrive ist ein neuartiges, agiles Produktionssystem, das auf modularen produkt- und produktionsspezifischen Technologien basiert. „Auf diese Weise wollen wir es möglich machen, künftig Elektromotoren so zu flexibel zu produzieren, dass eine Herstellung verschiedenster Varianten, Technologien und Stückzahlen jederzeit möglich ist – bei wirtschaftlichem Betrieb. Hierdurch können kostensenkende Skaleneffekte auch über verschiedene Produktbaureihen und Fertigungstechnologien hinweg genutzt werden“, so Professor Jürgen Fleischer, Leiter des wbk Institut für Produktionstechnik des KIT.

AgiloDrive ist ein institutsübergreifendes Projekt des KIT-Zentrums Mobilitätssysteme. Die Projektleitung liegt beim wbk, ebenfalls beteiligt sind das Institut für Produktentwicklung und das Elektrotechnische Institut. Partner aus der industriellen Praxis sind die Schaeffler Automotive Buehl GmbH Co. KG, die Gehring Technologies GmbH sowie die Landesagentur e-mobil BW GmbH als assoziierter Partner. Die Partner bündeln ihr Know-How entlang des gesamten Entwicklungsprozesses sowie der Liefer- und Prozesskette. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg fördert die Pilotphase des Forschungsprojekts AgiloDrive mit rund einer Million Euro.

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Agiles Produktionssystem als Herzstück des Projekts

„Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg des flexiblen Lösungsansatzes ist ein agiles Produktionssystem auf Grundlage eines integrierten Produktentstehungsprozesses“, erläutert Fleischer. Das wandlungsfähige System, zeichnet sich durch modulare Bearbeitungsmodule, einheitliche Schnittstellen und Skalierungskonzepte aus. Somit kann es flexibel auf veränderliche Markt- und Technologieanforderungen reagieren. Dies senkt das unternehmerische Risiko, da sich Investitionen durch die modulare Struktur dynamisch an die tatsächliche Nachfrage anpassen lassen und auch über verschiedene Produktbaureihen und Fertigungstechnologien hinweg Kosten eingespart werden können. „Somit lässt sich die Elektromobilität trotz volatiler Märkte wirtschaftlich in die Energie- und Mobilitätswende integrieren“, sagt Professor Thomas Hirth, Vizepräsident des KIT für Innovation und Internationales.

Das Projektteam AgiloDrive arbeitet zeitgleich an drei Teilprojekten: zum einen an einem integrierten Produktbaukasten, der auf modularen, zukunftsrobusten Baukastenstrukturen sowie flexiblen Entwicklungs- und Auslegungsmethoden basiert. Das zweite Teilprojekt befasst sich mit den notwendigen Strukturen und Technologien der flexiblen Systeme. Im dritten Teilprojekt wird – nach den Methoden des agilen Projektmanagements – eine Einführung des Produktionssystems angestrebt, sodass die Erkenntnisse des Forschungsvorhabens entwicklungsbegleitend im industriellen Maßstab umgesetzt werden können. Darüber hinaus werden die Teillösungen sowie das Gesamtsystem des agilen Produktentstehungs- und Produktionsprozesses sowohl technisch als auch wirtschaftlich validiert. „Investitionen in Fertigungseinrichtungen müssen wirtschaftlich sein. Dafür muss eine langfristige hohe Auslastung sichergestellt sein, auch wenn die von den Kunden abgerufenen Volumen für einzelne Anwendungen volatil bleiben“, sagt Thomas Pfund, Leiter des Geschäftsbereichs E-Motoren und Leistungselektronik bei Schaeffler Automotive.

Die Ergebnisse des Projekts AgiloDrive sollen der Industrie zugänglich gemacht werden, um die Lösungsansätze in weiteren, eigenfinanzierten Projekten schnell in die Anwendung zu bringen. „Insbesondere mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer sowie Zulieferer können mit dem agilen Produktionssystem den Transformationsprozess hin zur Elektromobilität erfolgreich vollziehen und an den neuen Märkten partizipieren“, so Dr. Sebastian Schöning, CEO von Gehring Technologies. Das Forschungsvorhaben leiste somit im gesamten Bundesgebiet und insbesondere dem stark vom Transformationsprozess betroffenen Baden-Württemberg einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Automobil- und Maschinenbaustandortes Deutschland.

Text: Melanie Klagmann, Redakteurin/Öffentlichkeitsarbeit

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Wir danken unserem WAC-Partner Karlsruher Institut für Technologie für den bereitgestellten Content.

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